1333, 2013


1333
PENG Gesellschaft zur Föderung von Design,
Kunst und Kommunikation e.V
02.07 - 09.07.2013
Eröffnung: Di. 02.07.2013, 19Uhr
Werkstatthalle, Binger Straße23, D-55131, Mainz






photo by Yeonho Jang
<1333>
1333 ist eine Gemeinschaftssausstellung von acht Kunststudenten der Mainzer Kunsthochschule. Verbindungs- und Ansatzpunkt ist die koreanische Herkunft der Künstler und Künstlerinnen. Dennoch bieten die Arbeiten in ihrer formal und inhaltlichen Heterogenität keine platte, allgemeine Reflexion und Aussage zum Herkunftsland der Künstler, sondern verweisen auf die Vielschichtigkeit der individuellen Wahrnehmung von Welt. Weiterhin sind das Zusammenspiel von Teil und Ganzem bzw. von Individuum und Gruppe wiederkehrende Elemente der Ausstellung.
Der Ausstellungstitel 1333 – Summe der Körpergrößen der Künstler – betont die Kleinheit des Individuums und die Stärke in der Gruppe. Zudem wird hervorgehoben, dass Grundlage der Ausstellung die geographische bzw. körperliche Position der Künstler ist. Konzeptuell ist die Ausstellung demnach unendlich erweiterbar. Die Exponate decken eine große Bandbreite an Gattungen und Stilen ab, die Gruppe erweist sich als Summe vieler individueller „Größen“ und Blicke.
Die Gemälde von Kwanghee Oh zeigen eine einfache Form und einen einfachen Farbauftrag, entfalten eine nahezu transparente Gesamtwirkung und weisen eine Konzentration auf Einfaches, Essentielles auf. Ein Aspekt der Arbeit, die Relation zwischen Teil und Ganzem, lässt sich auch auf die Relation zwischen Gruppe und Individuum übertragen.
Eunyung Lee wählt verschiedene Objekte, Fundstücke, welche durch den Blick des Betrachters und durch die Zusammenführung nicht mehr als einzelne, dreidimensionale Objekte, sondern zu einem Ganzen aus zweidimensionalen Farbflächen und abstrakten Formen werden. Auch die Freiheit des Blicks des Individuums tritt in den Vordergrund.
Direkt auf das Individuum richtet sich das Popcornprojekt von Donghee Huh. Im menschlichen Zusammenleben, als Teil eines Ganzen, kann man oftmals nicht selbst explodieren, das Popcorn dient in diesem Kontext zur Darstellung fehlender Möglichkeiten zur Expression. Donghee Huh bezieht außerdem den Rezipienten physisch, durch die Wahl eines Helmes, mit ein. Das Subjekt wird durch das Eingeschlossen-Sein auf sich selbst verwiesen und auf spielerische Weise ausgetrickst.
Das Explodieren, die Unkontrolle, sind in den Arbeiten von Jiyoung Kim ebenfalls zu finden. Sie befassen sich mit Ereignissen, die das Leben eines Menschen prägen und beeinflussen. Das Zusammenspiel von Kontrolle und Kontrollosigkeit wird durch die Verbindung zufälliger Farbtropfen und gezielter Pinselstriche dargestellt, die auf der Leinwand ein Ganzes bilden. Ereignis für Ereignis, Farbschicht für Farbschicht spiegeln die Arbeiten die subjektive Gefühlswelt eines Individuums wieder. Die Schichtung verweist auf die Zeitlichkeit der Ereignisse.
Zurückhaltung, Mangel an adequaten Ausgangsformen, Hemmung und Innerlichkeit als unwiderrufliche Kräfte der Existenz als Teil von Gesellschaft sind vor allem vor dem Hintergrund interessant, dass für alle Koreaner Deutschland auch Fremde bedeutet, sie unter anderem durch Sprachbarrieren, an die Grenze adequater Ausdrucksmöglichkeiten kommen.
Auch die Künstlerin Yeongho Jang greift in ihren Arbeiten diesen Umstand auf und verweist explizit auf das Sozialproblem der Schönheitskorrektur in Korea sowie das Verschwinden-Wollen aus unangenehmen, fremden Situationen. In ihrer Arbeit findet sich der unmittelbarste Bezug auf koreanische Kultur, sowie erneut das Verhältis zwischen Individuum und Gesellschaft.
Die Künstlerin Jisu Lee arbeitet über das Thema ,Bewegen und Bleiben' und verarbeitet dadurch ihre persönliche Geschichte. Hierbei werden realen Figuren und Objekten durch eigene Formen entwickelt und relative Begrifflichkeiten, wie das Bewegen und das Bleiben gemalt. In der Werkstatthalle wird die Bewegung und das Bleiben, für den Zustand einer Koreanin in Deutschland ein wesentliches Element, darstellt, in den Mittelpunkt gestellt und durch eine Schaukel symbolysiert.
„Fremd“ von Hyeongsuk Kim ist eine zeitspezifische Installation, vor Ort in der Werkstatthalle es Peng entstanden. Obwohl die Arbeit nicht vom spezifischen Raum abhängig ist, d.h. nicht den Raum selbst thematisiert, besteht doch eine Korrelation zwischen Raum und Installation. Hyeongsuk Kim arbeitet mit Widerholungen ähnlicher Formen, Konzentration auf das Wesentliche.
Naehoon Huhs Arbeit, aus verschiedenen Kommunikationsobjekten bestehend, verweist auf Kommunikationsprozesse. Die Frage „Wer ist da?“ verweist auf die Frage nach dem Selbst, nach der Kommunikation mit dem eigenen Ich und thematisiert demzufolge ebenfalls Innerlichkeit und Selbstbetrachtung.
Die Künstler Eunyung Lee und Naehoon Huh präsentieren zusätzlich eine Gemeinschaftsarbeit mit dem Titel „Ohne Bedingungen“. Insbesondere in Deutschland erlebten die Künstler zahlreiche Voraussetzungen und Bedingungen zum Leben. Vor dem Sterben braucht man keine Bedingungen, betonen die Künstler und phantasieren, wie eine bedingungslose Situation aussehen würde. Wieder geht es um die individuelle Situation von Menschen in einem fremden Umfeld.
Letzlich richten die Arbeiten, welche in der Ausstellung 1333 gezeigt werden, den Blick von der Gruppe auf den Einzelnen. Heterogenität statt Homogenität – So wie die einzelnen Körpergrößen der Künstler unterschiedlich sind und dennoch ein Ganzes ergeben, ergänzen und stützen sich die Arbeiten in ihrer Unterschiedlichkeit und bilden ein aus unterschiedlichen, individuellen Herangehensweisen bestehenden Ganzes. Wurde zu Beginn des Texts konstatiert, bei der Ausstellung handele es sich nicht um eine Bezugnahme auf Korea, so kann dies zumindesten in Teilen relativiert werden: Während die Bezugnahme auf Korea nicht auf politischer und kunsthistorischer Ebene stattfindet, so wird doch menschliches Zusammenleben und Gesellschaft an sich thematisiert – Ein Spannungsfeld, in welchem jedes Individuum seinen eigenen Raum und Ausdruck finden muss.
Text by Lara Hoffmann
Eröffnungsprogramm: Gesang Eunkyung Shin, Seungyeop Lee
Film by Yeonho Jang